#16

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 12.12.2010 00:51
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

12. Dezember - 3. Advent

Mensch Kinners... sagt bloß es ist schon wieder der dritte Advent. So vergeht die Zeit. Zeit - was ist das überhaupt? Zumindest etwas, wovon wir mit Sicherheit im letzten Jahrtausend mehr hatten. Da fällt mir doch gleich eine Geschichte zu ein... Bestimmt hat jeder eine, wenn nicht gar mehrere vorweihnachtliche Geschichten erlebt, die man nie wieder vergisst.
Also schnappt euch einen Becher heißen Glühwein, macht es euch gemütlich und holt euch eine warme Wolldecke dazu, es soll wieder verflixt kalt werden in Deutschland!

Wo wir grad beim Aufwärmen sind: Hat jemand von euch im Jahr 1981 seine Füße noch an heißen Backsteinen gewärmt? Bei uns hat es ein ganzes Dorf getan, am hellichten Tage, während eine leicht bekleidete Theatergruppe nur davon träumen konnte. Und mein Bruder, sammt Kumpels hat ein altes "Geschäft" wieder neu belebt. Ja - ich habe mal wieder in meinen alten Tagebüchern rumgestöbert und bin dabei auf dieses hier gestoßen:

Weihnachtsmarkt einmal anders

In unserem Dorf gab es zu Beginn der 80er Jahre auf einem der Bauernhöfe am dritten Advents-Wochenende einen kleinen Weihnachtsmarkt. So richtig im gemütlichen Stil Marke Eigenbau mit kleinen Ständen, notfalls tat es auch eine Seifenkiste. Was nicht fehlen durfte, war natürlich der typische Weihnachtsmarktgeruch aus einem Gemisch von Glühwein, Zimtsternen und Holzkohlegrill. Es gab sogar ein Lagerfeuer, wo man auch seine eigenen Würste oder Stockbrot machen konnte. Hier war eben alles möglich.

Ab dem zweiten Jahr kam sogar eine Theatergruppe aus der Stadt dazu, die am Sonntag das Weihnachtsmärchen in der Scheune aufführten. Bereits Wochen vorher wurden an den Vorverkaufsstellen Eintrittskarten angeboten, geplant waren an diesem Nachmittag zwei Vorführungen. Meinereiner war nun ziemlich ausgetrixt, was günstigen Kartenkauf anbelangte. Von wegen Vorverkauf oder Scheunenkasse... Dank der Unentschlossenheit einiger Leute, denen oft erst im letzten Moment einfiel, dass sie doch nicht zuschauen wollten und ihre Eintrittskarten wie Sauerbier zum halben Preis anpriesen, konnte ich auch gleich Geschwister und Freunde mit versorgen.

Aber Tricksen konnte ich auch, wenn es um andere Dinge ging - wie z. B. mit dem Kauf "verunglückter" Kekse zum Fast-geschenkt-Preis oder ...äh...ja... wie man sich einen Becher Glühwein zusammenschummelt obwohl für unter 18jährige nichts ausgegeben werden durfte. Aber psssst...^^
Selbst Schuld, wenn man an 3 weit auseinander stehenden Ständen Glühwein verkauft und die Ausnahmeregelung "ein bißchen zum probieren" gelten lässt. Und bei 3x probieren kam schon locker ein voller Becher zusammen - und das völlig kostenlos.

Am Sonntag zogen wir also los zum Weihnachtsmarkt, um mit unseren günstig erworbenen Karten noch einen vernünftigen Platz zu bekommen. An diesem Tag war es sehr kalt, das Thermometer schaffte es auch gegen Mittag nicht, die -10°C-Marke zu überschreiten, aber das Wetter war herrlich: Sonnenschein, blauer Himmel und sämtliche Bäume und Sträucher waren mit Rauhreif überzogen, ein richtiges Winter-Wunderland.
Das Winter-Wunderland war übrigens so ziemlich das einzige, um das man uns "Wald-Kinder" im Winter beneidete. Gerade in der dunklen Jahreszeit mochte niemand gern dort draußen sein, geschweige denn wohnen.

Auf dem Weihnachtsmarkt angekommen erwartete uns jedoch eine unliebsame Überraschung: In der Scheune war die Heizung ausgefallen, auch sämtliche herbeigeschaffte Heizlüfter von Nachbarn hatten längst aufgegeben und der Raum ließ sich nicht auf mehr als -5°C erwärmen. Die bereits angereisten Schauspieler hingegen führten eine umso heißere Diskussion darüber, ob es zumutbar wäre, unter diesen Umständen aufzutreten. Erstaunlicherweise war aber kaum einer der Zuschauer bereit, auf das Stück zu verzichten, jeder meinte mit einem heißen Getränk und ein paar Decken wäre es sicher auszuhalten.

Das halbe Dorf hatte bereits leihweise Wolldecken zur Verfügung gestellt, die auf allen Plätzen verteilt wurden. Aber auch das konnte die Schauspieler nicht überzeugen. "Schließlich müssen wir ja ohne Decke auf der Bühne rumlaufen!" Der einzige der sich heraushielt war der "Wolf", der hatte das wärmste Kostüm und konnte sich darunter auch noch einen dicken Pulli und Wollsocken anziehen.

Inzwischen hatte mein Bruder mit seinem Kumpel eine eben so heiße Diskussion angefangen, die gleich darauf mit dem Bauern weitergeführt wurde. Kurz darauf waren sie verschwunden, um wenig später mit zwei Schubkarren voll Ziegelsteinen wieder aufzutauchen und das Lagerfeuer in Beschlag zu nehmen. Während sie anfingen "heiße Backsteine" leihweise für 25Pf/Stück an die umstehenden auszugeben, flitzten zwei weitere Kumpels los um weitere Karren voll Steine zu besorgen. Was zunächst von den Besuchern misstrauisch beäugt wurde fand wenig später reißenden Absatz. Alles drängte, bepackt mit heißen Steinen und Decke in die Scheune, so dass den Schauspielern nichts anderes übrig blieb, als nun doch mit der Vorstellung zu beginnen.

Irgendwie taten sie uns schon Leid, wie sie mit ihren, zum Teil kurzärmeligen Kostümen spielen mussten, aber die Gruppe hielt tapfer durch. Als das "Rotkäppchen" jedoch durch den "Wald" gehen musste, noch dazu mit dem Text: "Oh wie schön ist es hier im Wald! Und wie warm die Sonne scheint! Hört nur, wie die Vögel singen!" während sie buchstäblich zitternd und zähneklappernd über die Bühne lief, konnte sich keiner der Zuschauer mehr zurückhalten: Der ganze Saal brüllte vor Lachen und es gab einen Riesen Applaus.
In der Pause fragte das arme "Rotkäppchen" schließlich entnervt nach "heißen Taschen-Steinen" - woraufhin wiederum alles was Beine hatte im Dauerlauf durchs Dorf flitzte um große Kieselsteine zu sammeln, diese erwiesen sich später jedoch als unbrauchbar, weil sie erst viel zu heiß waren und anschließend zu schnell auskühlten.

Leider war die Theatergruppe in den folgenden Jahren nicht mehr gewillt, noch einmal hier aufzutreten. Weder Geld noch gute Worte konnten sie locken, obwohl es in den darauffolgenden Jahren keinen so kalten Dezember mehr gab.


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#17

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 13.12.2010 00:03
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

Zweite Halbzeit^^

13. Dezember

Lustige Tisch"karten" als Schneemänner

Die sind ganz schnell gemacht, sehe lustig aus und passen auch prima zu einer Festtafel, vor allem wenn Kinder in der Familie sind.

Pro Stück:

1 leere Streichholzschachtel
je 1 große, mittlere und kleine Pappmaché-Kugel
1 Zahnstocher
Fotokarton weiß oder bunt
1 Rest schwarzer Filz
bunte Pfeifenputzer
Silber- und Goldfolie
schwarzer Filzstift
oranger Filzstift
roter Filzstift
Glitzerspray (z. B. Eisspray mit Glitter)
Klebstoff (z. B. Uhu)

evtl. Mini-Geschenke, Schokoladentaler oder kleine Kekse mit Goldfaden oder Geschenkband

Die Streichholzschachteln mit der Folie bekleben. Die Pappmachekugeln zusammenkleben, dabei immer die kleinere auf die größere setzen.
Aus dem schwarzen Filz zwei unterschiedlich große Kreise mit ca. 2,5 cm und 1 cm sowie einen schwarzen Streifen ausschneiden, zu einem Zylinder zusammen und am Kopf des Schneemanns ankleben. (Hihi... ich habe einigen auch schon mal eine rote Weihnachtsmannmütze verpasst^^).

Pfeifenputzer in ca. 5 cm lange Stücke schneiden und als Arme seitlich in die mittlere Pappmachèkugel stecken. Mit den Filzstiften das Gesicht aufmalen und den Schneemann in die Mitte der Streichholzschachteln aufkleben.

Aus dem Fotokarton kleine Fahnen, Streifen oder Karten ausschneiden, mit Namen versehen und an den Zahnstocher kleben. Diesen dem Schneeman in die eine "Hand" geben. An den anderen Arm das Minigeschenk (oder Keks oder Schokotaler) hängen. (Der Weihnachts-Schneemann bekommt natürlich ein kleines, rotes Säckchen mit einer Kleinigkeit drin).

Die fertigen Schneemänner mit Glitzerspray besprühen und fertig ist der Tischschmuck.

Jetzt müsst ihr nur noch den Tisch decken und jedem einen Schneemann auf den Platz stellen. Wer der Weihnachtsmann ist, das bleibt euch überlassen - ich halte mich aus anderer Leute äh ... Liebensgewürzigkeiten ... meist raus :D

Viel Spaß beim Basteln :)


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#18

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 14.12.2010 00:14
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

14. Dezember

Wenn ich so nach draußen schaue...

Eine Wintergeschichte

8. Dezember 18:00

Es hat angefangen zu schneien. Der erste Schnee in diesem Jahr. Meine Frau und ich haben unsere Cocktails genommen und stundenlang am Fenster gesessen und zugesehen wie riesige, weiße Flocken vom Himmel herunter schweben. Es sah aus wie im Märchen. So romantisch - wir fühlten uns wie frisch verheiratet. Ich liebe Schnee.

9. Dezember

Als wir wach wurden, hatte eine riesige, wunderschöne Decke aus weißem Schnee jeden Zentimeter der Landschaft zugedeckt. Was für ein phantastischer Anblick! Kann es einen schöneren Platz auf der Welt geben? Hierher zu ziehen war die beste Idee, die ich je in meinem Leben hatte. Habe zum ersten Mal seit Jahren wieder Schnee geschaufelt und fühlte mich wieder wie ein kleiner Junge. Habe die Einfahrt und den Bürgersteig freigeschaufelt. Heute Nachmittag kam der Schneepflug vorbei und hat den Bürgersteig und die Einfahrt wieder zugeschoben, also holte ich die Schaufel wieder raus. Was für ein tolles Leben!

12. Dezember

Die Sonne hat unseren ganzen schönen Schnee geschmolzen. Was für eine Enttäuschung. Mein Nachbar sagt, daß ich mir keine Sorgen machen soll, wir werden definitiv eine weiße Weihnacht haben. Kein Schnee zu Weihnachten wäre schrecklich! Bob sagt, daß wir bis zum Jahresende so viel Schnee haben werden, daß ich nie wieder Schnee sehen will. Ich glaube nicht, daß das möglich ist. Bob ist sehr nett - ich bin froh, daß er unser Nachbar ist.

14. Dezember

Schnee, wundervoller Schnee! 30 cm letzte Nacht. Die Temperatur ist auf -20 Grad gesunken. Die Kälte läßt alles glitzern. Der Wind nahm mir den Atem, aber ich habe mich beim Schaufeln aufgewärmt. Das ist das Leben!! Der Schneepflug kam heute nachmittag zurück und hat wieder alles zugeschoben. Mir war nicht klar, daß ich soviel würde schaufeln müssen, aber so komme ich wieder in Form. Wünschte ich würde nicht so Pusten und Schnaufen.

15. Dezember

60 cm Vorhersage. Habe meinen Kombi verscheuert und einen Jeep gekauft. Und Winterreifen für das Auto meiner Frau und zwei Extra-Schaufeln. Habe den Kühlschrank aufgefüllt. Meine Frau will einen Holzofen, falls der Strom ausfällt. Das ist lächerlich - schließlich sind wir nicht in Alaska.

16. Dezember

Eissturm heute Morgen. Bin in der Einfahrt auf den Arsch gefallen, als ich Salz streuen wollte. Tut höllisch weh. Meine Frau hat eine Stunde gelacht. Das finde ich ziemlich grausam.

17. Dezember

Immer noch weit unter Null! Die Strassen sind zu vereist, um irgendwohin zu kommen. Der Strom war 5 Stunden weg. Musste mich in Decken wickeln, um nicht zu erfrieren. Kein Fernseher. Nichts zu tun als meine Frau anzustarren und zu versuchen, sie zu irritieren. Glaube, wir hätten einen Holzofen kaufen sollen, würde das aber nie zugeben. Ich hasse es, wenn sie recht hat! Ich hasse es, in meinem eigenen Wohnzimmer zu erfrieren!

20. Dezember

Der Strom ist wieder da, aber nochmal 40 cm von dem verdammten Zeug letzte Nacht! Noch mehr schaufeln. Hat den ganzen Tag gedauert. Der beschissene Schneepflug kam zweimal vorbei. Habe versucht eines der Nachbarskinder zum Schaufeln zu überreden. Aber die sagen, sie hätten keine Zeit, weil sie Hockey spielen müssen. Ich glaube, daß die lügen. Wollte eine Schneefräse im Baumarkt kaufen. Die hatten keine mehr. Kriegen erst im März wieder welche rein. Ich glaube, daß die lügen. Bob sagt, daß ich schaufeln muß oder die Stadt macht es und schickt mir die Rechnung. Ich glaube, daß er lügt.

22. Dezember

Bob hatte recht mit weißer Weihnacht, weil heute Nacht nochmal 30 cm von dem weißen Zeug gefallen ist und es ist so kalt, daß es bis August nicht schmelzen wird. Es hat 45 Minuten gedauert, bis ich fertig angezogen war zum Schaufeln und dann mußte ich pinkeln. Als ich mich schließlich ausgezogen, gepinkelt und wieder angezogen hatte, war ich zu müde zum Schaufeln. Habe versucht für den Rest des Winters Bob anzuheuern, der eine Schneefräse an seinem Lastwagen hat, aber er sagt, daß er zu viel zu tun hat. Ich glaube, daß der Wichser lügt.

24. Dezember

20 Zentimeter. Der Schnee ist vom Schneepflug so fest zusammengeschoben, daß ich die Schaufel abgebrochen habe. Dachte ich kriege einen Herzanfall. Falls ich jemals den Arsch kriege, der den Schneepflug fährt, ziehe ich ihn an seinen Eiern durch den Schnee. Ich weiß genau, daß er sich hinter der Ecke versteckt und wartet bis ich mit dem Schaufeln fertig bin. Und dann kommt er mit 150 km/h die Straße runtergerast und wirft tonnenweise Schnee auf die Stelle, wo ich gerade war. Heute Nacht wollte meine Frau mit mir Weihnachtslieder singen und Geschenke auspacken, aber ich hatte keine Zeit. Mußte nach dem Schneepflug Ausschau halten.

25. Dezember

Frohe Weihnachten. 60 Zentimeter mehr von der !*?'@$. Eingeschneit. Der Gedanke an Schneeschaufeln läßt mein Blut kochen. Gott, ich hasse Schnee! Dann kam der Schneepflugfahrer vorbei und hat nach einer Spende gefragt. Ich hab ihm meine Schaufel über den Kopf gezogen. Meine Frau sagt, daß ich schlechte Manieren habe. Ich glaube, daß sie eine Idiotin ist. Wenn ich noch einemal Wolfgang Petry anhören muß, werde ich sie umbringen.

26. Dezember

Immer noch eingeschneit. Warum um alles in der Welt sind wir hierher gezogen? Es war alles IHRE Idee. Sie geht mir auf die Nerven.

27. Dezember

Die Temperatur ist auf -30 Grad gefallen und die Wasserrohre sind eingefroren.

28. Dezember

Es hat sich auf -5 Grad erwärmt. Immer noch eingeschneit. DIE ALTE MACHT MICH VERRÜCKT!!!!

29. Dezember

Nochmal 30 Zentimeter. Bob sagt, daß ich das Dach freischaufeln muß, oder es wird einstürzen. Das ist das Dämlichste was ich je gehört habe. Für wie blöd hält der mich eigentlich?

30. Dezember

Das Dach ist eingestürzt. Der Schneepflugfahrer hat mich auf 50.000 DM Schmerzensgeld verklagt. Meine Frau ist zu ihrer Mutter gefahren. 25 Zentimeter vorhergesagt.

31. Dezember

Habe den Rest vom Haus angesteckt.
Nie mehr Schaufeln.

8. Januar

Mir geht es gut. Ich mag die kleinen Pillen, die sie mir dauernd geben.
Warum bin ich an das Bett gefesselt??


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#19

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 15.12.2010 00:28
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

15. Dezember

Hallo, schön dass alle wieder hier versammelt sind. Ich habe wieder Post bekommen, wieder einen riesengroßen Briefumschlag, diesmal aus Amerika. Ich kann mir schon denken von wem der ist.
.
.
.
Aha, dachte ich's mir doch. Ein Eiskristall-Blatt mit goldener Schrift. American Christmas-Day... an irgendwas erinnert mich das jetzt spontan. Irgendwas mit Rentieren und Heiligabend 2008. Stimmt, da habe ich virtuell das Weihnachtszimmer hergerichtet und auf dem Dach hat es so seltsam gepoltert. Ja klar - das war es:

Zitat
Heiligabend 2008
Es klingelt schon wieder.... scheint von draußen zu kommen...

huiiiiiiiiiii was war das denn gerade draußen vorm Fenster? Also wenn ihr schon neugierig sein dürft, dann darf ich das erst Recht. Draußen klingelt es - klingt wie Hufgetrappel über mir.

"Blitz, du warst auch schon mal schneller. Donner! Was soll der Krach?" Als Antwort ein Röhren und Stampfen. Die Lampe wackelt, flackert einmal kurz auf und es ist dunkel im Zimmer. Was treibt eigentlich der Mieter da über uns? Oder sollte das etwa...??? Ach Quatsch, ich glaube doch schon lange nicht mehr an den Weihnachtsmann. Auch wenn ich die gängigsten Gedichte (vorsichtshalber) noch einmal repetiert habe... man kann ja nie wissen.

Es poltert im Kamin. War bestimmt nur die Lüftungsklappe. War da nicht eben ein schwarzer Stiefel? Zwei Dachpfannen fallen vom Dach und wieder schimpft jemand. "Prancer, pass doch wenigstens dieses Jahr mal auf!!! Du weißt, dass ich nicht versichert bin. "Ich war das nicht!" röhrt es von oben.

Hm... ich glaube die über mir haben wohl Besuch - und die Kids haben ein neues animiertes Computerspiel zu Weihnachten bekommen. Mal kurz das Fenster aufmachen zum Lüften.
"Ho ho hooooooo!" schreit jemand, ein Windstoß fegt durchs Zimmer. Och nö, nu kann ich alles noch mal aufbauen. Das darf ja wohl nicht wahr sein....
"Comet! Hiergeblieben, ich bin doch noch gar nicht fertig!"
Whuuuuschhhhhhhhhhhhhhhh! Oh nein, nicht schon wieder.
Sie haben Dancer vergessen, der steppt grad voll ab da oben.

Leute, der Weihnachtsmann hat seine hyperaktiven Rentiere nicht im Griff, ihr werdet noch ne Weile warten müssen.


Habs ja wie immer erst vieeel zu spät mitgekriegt, was da draußen wirklich los war. Und bis auf den vergessenen Dancer waren auch alle schon wieder weg. Das arme Rentier haben sie erst Stunden später abgeholt, weil keiner mehr wusste, wo sie ihn vergessen hatten und lange nach ihm suchen mussten. Dabei hatte ich doch längst mehrere Notrufe Richtung Petrus geschickt, ich dachte der leitet das schnell weiter. Aber die hatten wohl wieder einen Knoten in der Leitung. Kann ja mal passieren, ist auch ein ziemlich langes Telefonkabel bis zum Himmelstor.

Oh, entschuldigt bitte, ich quatsche mich hier fest. Ihr wartet ja alle auf den neuen Brief. Schauen wir doch mal, Santa Claus schönes schreibt:


Hier bin ich wieder, euer guter alter Weihnachtsmann und im typisch amerikanischen Vorweihnachts-Stress. Da ist nichts mit Hinsetzen und Brief schreiben, hier ist man ständig beschäftigt, wenn man nicht auf eine Tasse heißen Kaffee kurz am Imbiss hält. Aber es läppert sich zusammen, mal hier ein Satz, mal da zwischendurch ein paar Wörter.

Kinder - ihr seht, ich lasse mich ganz schön vom American-Stress anstecken, wenn ich hier bin. Vor dem Christmas-Day muss ich erst nochmal umdenken auf typisch Amerikanisch - und als Santa Claus über die Hausdächer fegen, unzählige Male durch Kamine springen und unzählige Geschenke auspacken. Aber das bin ich ja gewöhnt. Da gibt es schlimmeres...
Habt ihr eine Ahnung wie das ist, wenn wieder ein neuer Wolkenkratzer gebaut worden ist? Allein im letzten Jahr musste ich mehrfach unfreiwillig auf irgend einem Dach notlanden, das letzten Weihnachten noch nicht da war.

Und spätestens morgens um sieben, wenn in England noch die Welt in Ordnung ist, bin ich heiser. Warum fragt ihr? Na, ratet mal. In Amerika muss alles ganz besonders sein und man legt dort Wert auf Details. Nicht nur, dass ich durch jeden Kamin springen muss, nein - ich muss ehe ich weiterfliege an jedem Haus laut sagen: "Renn, Renner! Tanz, Tänzer! Flieg, fliegende Hitz'!
Hui, Sternschnupp'! Hui, Liebling! Hui, Donner und Blitz!"
Und wenn ich dann endlich geschafft bin - sorry, mental error - ich meine, wenn ich alles geschafft habe, muss ich noch einmal über sämtliche Häuser hinwegfliegen und laut rufen: "Frohe Weihnachten allen, und allen gut' Nacht!" Aber so, dass es jeder hört.

Und meine Rentiere glauben dann immer, wir sind hier um einen neuen Hollywood-Streifen zu drehen. Die flippen total aus und machen nicht richtig mit.
Aber noch ist es ja nicht so weit, morgen können wir mal eine entspannte Schlittenfahrt machen. Wollt ihr mit? Wir machen eine Reise in eure Kinderstube. Was ich vorhabe fragt ihr? Nun, ihr werdet es erfahren. Für heute verabschiede ich mich von euch und bereite schon mal meinen Schlitten vor.



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zuletzt bearbeitet 15.12.2010 00:28 | nach oben springen

#20

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 16.12.2010 00:03
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

16. Dezember

Wie haben wir sie geliebt - die schönen, alten Disney-Klassiker, die meist an den Adventssonntagen mit der Augsburger Puppenkiste oder "den schönsten Märchen" um die Wette liefen. Und natürlich am Heiligabend - irgendwann zwischen Krippenspiel (schon aus) und (noch-nicht-)Bescherung. Die konnten gar nicht oft genug wiederholt werden - alle Jahre wieder. Heute gibt es die Disneys, noch dazu in Originalsprache, nicht mehr im Fernsehen. Aber vielleicht noch auf youtube, ehe man uns wieder vom Netz abhängt, weil wir (leider) im falschen Land wohnen.

Genießen wir doch in Gedanken noch einmal die Zeit und denken uns zurück in die schöne alte Weihnachtszeit, als wir zwar langsam aufhörten, an Christkind oder Weihnachtsmann zu glauben - aber der Zauber der Weihnachtszeit noch allgegenwärtig war.












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#21

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 17.12.2010 00:23
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

17. Dezember


Der verlorene Himmelsschlüssel

Petrus war gerade aus seiner Himmelspforte herausgetreten und betrachtete mit zufriedenen Augen seinen frisch geputzten Himmelsschlüssel. Ein kleiner Engel hatte ihn eben abgeliefert und stand nun da und guckte, wie der Heilige Petrus versuchte, den Schlüssel für das himmlische Hauptportal in das große Schlüsselbund zu zwängen. So sehr er auch drückte und stemmte, es wollte ihm nicht gelingen, und als ihm der kleine Engel dabei helfen wollte, sprang ihm plötzlich der Schlüssel aus der Hand und flog in hohem Bogen durch die Wolken hinab auf die Erde. Petrus erstarrte vor Schreck, und auch der kleine Engel blickte fassungslos hinterher. Der Schlüssel war fort und ausgerechnet heute, wo das Christkind gegen Mitternacht von der Kinderbescherung auf der Erde zurückerwartet wurde. Wenn es dann vor dem verschlossenen Portal stand und die heilige Christmette versäumte? Was war jetzt zu tun?

Mit seinem Fernrohr versuchte er den Platz zu finden, wo der Schlüssel auf die Erde niedergefallen war. Dann lief er nach der Himmelsleiter, lehnte sie an den Pfeiler des Himmelstores und stieg, so schnell es seine Kutte zuließ, hinab. Den kleinen Engel ließ er als Wache zurück. Endlich war er auf der Erde. Eine weite, schneebedeckte Ebene umgab ihn, Pappeln, ein großer Fluß, Weidengebüsch und ein großer, einsamer Bauernhof lag vor ihm in der leicht nebligen Luft. Aber von Bergen keine Spur! Dabei hatte er doch genau durch's Himmelsfernrohr erkennen können, dass der Schlüssel in ein tiefes Tal gefallen war. Verflixt, er musste in der Eile die Leiter vollkommen falsch aufgestellt haben.

Recht niedergeschlagen machte er sich auf den Weg. Von weitem sah er Türme und immer mehr Häuser am Horizont auftauchen, die Straße wurde belebter und die Menschen zahlreicher. Er hatte eine kleine Stadt erreicht. Die Menschen eilten von Geschäft zu Geschäft, manche kauften im letzten Moment auch noch einen Weihnachtsbaum. Niemand achtete auf den Heiligen Petrus, der verständnislos und enttäuscht auf dieses Gedränge starrte. So begingen die Menschen den Weihnachtstag? In einer solchen Hetze? Doch Petrus musste weiter. Schließlich galt es, den großen Himmelsschlüssel wiederzufinden. Er verließ eilends die Stadt. Vor ihm lagen wieder unendlich weite, freie Felder, unterbrochen von ein paar großen Bäumen, Gebüsch und einsamen Höfen. Doch da - ganz hinten am Horizont - zeichnete sich dort nicht eine Gebirgskette ab, oder waren es nur tiefliegende Wolken? Daß er auch seine Brille im Himmel vergessen hatte!

Er schlug sofort diese Richtung ein. Seine Würde erlaubte ihm keine allzu große Hast, so kam er nur langsam auf der öden, schneebedeckten Landstraße vorwärts. Schon wurde es Abend, und bis Mitternacht musste er wieder mit dem Schlüssel im Himmel sein. Beim Näherkommen stellte sich heraus, dass er wirklich ein Gebirge erreicht hatte, was dem Heiligen Petrus einen Erleichterungsseufzer entlockte. Nun musste ihn ein guter Stern nur noch die richtige Stelle finden lassen. Bald gelangte er in ein Tal, aber so eng und schmal und klein, wie er es oben, vom Himmel her gesehen hatte, war das Tal nicht.

Den armen Petrus überkam große Verzweiflung und Mutlosigkeit. Wenn er wenigstens sein Fernrohr bei sich gehabt hätte, aber so verbargen die dichten Wälder den leuchtenden Schein des Himmelsschlüssels, und Petrus konnte zwischen den hohen, dunklen Tannen sich nicht einmal nach dem hellen Licht der Sterne richten. Da tönte Gesang an sein Ohr, "Es ist ein Ros' entsprungen". Von den feierlichen Klängen angezogen, gelangte der Heilige Petrus zu einer kleinen Kapelle, deren Fenster in goldenem Licht strahlten. Er trat ein, Wärme und Kerzenschimmer strömten ihm entgegen. Alt und jung, groß und klein, die ganze Berggemeinde hatte sich zur Andacht in der Kapelle zusammengefunden, vor jedem brannte eine Kerze.

Diese innige, weihnachtliche Andacht, die ergreifende Einfachheit bewegte den Heiligen Petrus, der sein Bild von den Menschen nun wieder zurechtgerückt sah. Fast vergaß er, warum er eigentlich auf die Erde herabgestiegen war. Der Glockenschlag der kleinen Kapelle brachte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück, und schnell eilte er hinaus in die kalte Winternacht, um weiter nach dem Himmelsschlüssel zu suchen. Schwer atmend stapfte er einen steilen Waldweg hinauf, da -leuchtete da nicht etwas hinter dem Heuschober? Ja, doch, ein heller Schein - es war sein Schlüssel, der Himmelsschlüssel! Liebevoll drückte ihn Petrus an sich und versenkte ihn dann sorgfältig in seiner Kuttentasche und eilte aus dem Tal hinaus. Fast wäre er an einem Holzstamm gestoßen, der plötzlich in der Dunkelheit vor ihm auftauchte. Aber war das nicht die Himmelsleiter, wie kam die denn hierher? Er hatte doch nicht einmal wieder die kleine Stadt erreicht.

Er stieg die lange Leiter hinauf, und ganz oben vor dem großen, leuchtenden Himmelsportal fand er ein lachendes Christkind, das schon seit einiger Zeit von der Erde zurückgekehrt war. Durch den kleinen Wachengel hatte es das Missgeschick erfahren. Es hatte mit dem Fernrohr die Erde nach dem leuchtenden Himmelsschlüssel abgesucht und ihn auch bald entdeckt. Als das Christkind merkte, dass die Leiter ganz schräg stand, und in großer Entfernung von dem Tal hinunterführte, rückte es mit Hilfe des kleinen Engels die Leiter zurecht. Die Himmelschöre stimmten gerade ihr jubelndes Halleluja an, als sich das Christkind, der Heilige Petrus und der kleine Engel auf ihr rotsamtenen Stühle setzten.

Verfasser unbekannt


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#22

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 18.12.2010 00:05
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

18.Dezember

Technik ist doch ansich etwas gutes oder? Selbstverständlich nur, wenn sie auch funktioniert. Was aber, wenn sie zwar funktioniert aber zu kompliziert ist? Und die Absprachen, wie man die Technik bedient noch komplizierter? Obwohl es doch eigentlich ganz einfach ist.
Da kann ein ganzer Weihnachtsgottesdienst drunter leiden und nicht nur der Pastor kriegt graue Haare...

Genau so eine Geschichte habe ich gefunden und will sie euch nicht vorenthalten. Aber bitte... in euerm eigenen Interesse rate ich diesmal davon ab, euch ein heißes Getränk zu besorgen oder womöglich noch was zu knabbern. Jedenfalls übernehme ich keine Verantwortung dafür, wenn ihr vor Weihnachten noch ein zweites Mal Grundreine machen müsst und in der Tastatur nachher so viel Krümel stecken, dss ir nur noh so screibn könt. Sagt hinterher nicht, ich hätte euch nicht rechtzeitig vorgewarnt.


Die Kirchengeschichte
Margret Rettich

Zu Weihnachten ist unsere Kirche hier im Dorf immer knüppeldickevoll. Da gehen auch die hinein, die sich sonst das ganze Jahr hindurch nicht sehen lassen. Manche schicken bereits eine Stunde vorher ihre Kinder, die müssen gute Plätze freihalten. Früher saßen die Männer auf der Empore und die Frauen unten im Kirchenschiff. Jetzt darf man sich hinsetzen, wo man will. Man muss nur aufpassen, dass man nicht hinter die Säulen zu sitzen kommt, denn dort sieht man nicht gut.

Alles ist feierlich und eindrucksvoll. Neben dem Altar steht ein hoher Tannenbaum mit vielen elektrischen Kerzen. Oben an der Balustrade stellt sich der Posaunenchor auf und bläst zur Einleitung. Es klingt etwas falsch, sie sagen, das kommt von der Kälte, abe rim Sommer ist es nicht anders. Dann singt der Männergesangsverein und die Orgel spielt fast die ganze Zeit.

Unser neuer Pastor will alles noch eindrucksvoller und feierlicher haben. Darum sagt er nach der Predigt:
"Und nun hört alle gut zu, liebe Gemeinde, Männer, Frauen und Kinder, wir singen jetzt gemeinsam das Lied "Vom Himmel hoch".
Eine Strophe davon wird uns die Orgel spielen, die nächste singen wir, na und so weiter.
Habt ihr mich verstanden?"

Ja, wir meinen schon. Die Orgel ist bereits bei der ersten verschlungenen Einleitung, aus der heraus wir die Melodie erkennen. Wir wissen nicht genau, ob das schon als erste Strophe gilt oder ob es noch das Vorspiel ist. Und überhaupt, sollen wir den Text der ersten oder den der zweiten Strophe singen? Warten wir erst mal ab, was der Pastor macht. Die Orgel schweigt und wir schweigen auch. Der Pastor singt allein. Er hat eine schöne, laute Stimme. Als er merkt, dass wir zögern, hebt er mit den Händen einen unsichtbaren Täufling - so sieht das jedenfalls aus. Wir singen immer ein wenig hinter ihm her, so brauchen wir nicht ins Gesangsbuch zu schauen, sondern nur auf seinen Text zu hören. Aha, er singt mit uns die erste Strophe. Danach setzt wieder die Orgel ein. Leider singen ein paar, die vorher nicht aufgepasst haben, jetzt weiter und hören erst auf, nachdem der Pastor mit den Händen gewedelt hat.

Doch die Überraschung, die alles noch eindrucksvoller und feierlicher macht, soll erst kommen. Kurz vor dem Gottesdienst hat der neue Pastor zu Fritz Wille gesagt:
"Du gehst in die Sakristei an den Schalterkasten. Wenn du hörst, dass wir die erste Strophe 'Vom Himmel hoch' singen,
machst du das Licht über dem Eingang aus, bei der zweiten Strophe das Licht im rechten Seitenschiff, bei der dritten das im linken. Dann kommen die beiden Seiten der Empore an die Reihe und schließlich nacheinander die drei großen Leuchter im Mittelschiff. Die letzte Strophe singen wir nur im Schein der Kerzen am Christbaum.
Ist das klar?"

Der Pastor hat sich alles gut ausgedacht, und wenn es geklappt hätte, wären wir sicher sehr beeindruckt gewesen. Leider war Fritz Wille vorher noch ie in der Sakristei. Als der Pastor weg ist, sieht er sich erst einmal um. Den Schalterkasten findet er schnell, aber da sind so viele Hebel und Knöpfe, dass er nicht weiß, welcher davon für welches Licht ist. Er kann auch nicht von der Sakristei aus in die Kirche sehen oder vorher alles ausprobieren, nur hören kann er. Er hört den Posaunenchor, den Männergesangsverein, die Predigt und die Orgel. Dann hört er, wie wir zu singen anfangen. Er überlegt, dass der Knopf für das Licht über dem Eingang irgendwo in der Mitte sitzen müsste, und drückt auf den unteren mittleren Schalter. Das war die Lampe in der Sakristei und Fritz sitzt erst einmal im Dunkeln. Nachdem er sich etwas beruhigt hat und es ihm geglückt ist, das Licht wieder einzuschalten, hört er, dass wir schon bei der zweiten Strophe angelangt sind. Schnell drückt er einen etwas höher gelegenen Schalter - da geht das Licht auf der rechten Seite der Empore aus.

August Lütge brüllt laut: "Liiicht an!", dann schlägt er sich erschrocken auf den Mund; er hat vergessen, dass er in der Kirche und nicht auf der Kegelbahn ist. Doch Fritz Wille hat den Ruf gehört und das Licht der Empore geht wieder an. Unsere Strophe ist fertig gesungen, nun setzt die Orgel ein. Wir haben uns noch nichts dabei gedacht, als das Licht auf der Empore einmal kurz aus- und schnell wieder anging.
Als jetzt aber plötzlich die drei großen Leuchter im Mittelschiff ausgehen, starren wir alle nach oben, der Pastor auch. Mit erhobenem Gesicht singen wir die dritte Strophe. Wir sind noch dabei, als die Leuchter wieder angehen, dafür sind die Lampen in beiden Seitenschiffen aus.

Im linken Seitenschiff sitzt ganz am Ende einer Reihe unser Elektrikermeister, Johann Bosse. Mit Besorgnis hat er die wechselnde Beleuchtung beobachtet, denn niemand weiß so gut wie er, dass in der nächsten Zeit einige Reparaturen unumgänglich sind. Bei dem feierlichen Orgelspiel, das nach unserem Gesang wieder an der Reihe ist, steht er auf und drängt sich durch die Reihe. Dadurch entsteht einige Unruhe, jedoch nicht mehr als auf der Empore, die jetzt im Dunkeln liegt. Allerdings sind die Seitenschiffe wieder erleuchtet.

Wir singen und sehen Johann Bosse nach, wie er durch den Mittelgang eilt. Er wird den Fehler schon finden, denken wir. Eine Sekunde lang ist das Licht ganz weg und nur vorn der Christbaum erstrahlt, danach leuchten alle Lampen wieder auf, die irgend leuchten können. Der Pastor ist die Treppe von der Kanzel heruntergeklettert und läuft hinter dem Elektrikermeister her. Sie verschwinden hinter der Tür zur Sakristei.

Der Pastor fehlt uns sehr. Wenn er nicht vorneweg singt, müssen wir die Gesangsbücher aufschlagen. Wir geraten mit dem Text durcheinander, einige singen die vierte, andere schon die fünfte und sechste Strophe. Doch wir schaffen auch das und die Orgel kann uns wieder ablösen. Kurz hintereinander flackern jetzt die Kerzen am Christbaum dreimal aus und an, danach verlöschen sie. Gleich darauf liegt die ganze Kirche im Dunkeln. Die Orgel verklingt mit einem immer tiefer werdenden Pfeifton, wir sind stolz, dass sie seit dem letzten Sommer elektrische Blasebälge hat.
In der Sakristei hat Fritz Wille, unterstützt vom Elektrikermeister und vom Pastor, einen Kurzschluss gemacht.

Zum Glück kennt Johann Bosse die Schalttafel auch im Dunkeln ganz genau. Es ist nicht das erste Mal, dass er hier steht. Er findet die Sicherungen und das Licht geht überall wieder an. Die Orgel pfeift wie eine Lokomotive, ehe sie mit einem neuen Zwischenspiel einsetzt. Der Pfarrer steht wieder auf der Kanzel und wir holen Luft, um die letzte Strophe zu singen.

Da erdröhnen die Glocken.

Fritz Wille hat sich in der Sakristei abgestützt und den Hebel für das Geläut erwischt. Es ist für uns das Zeichen, dass der Gottesdienst vorüber ist und wir drängen aufgeregt zum Ausgang. Wir sehen nicht mehr, dass der Elektrikermeister nun in der richtigen Reihenfolge die Lampen verlöschen lässt, bis allein der Christbaum strahlt. Wir gehen nach Hause, als kämen wir aus einem Kino.


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Es ist wichtig, umgeben von anderen Menschen zu sein, die dich lieben und dir dadurch eine Referenz für die Existenz in dieser Welt geben.

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#23

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 19.12.2010 00:06
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

19. Dezember (4. Advent)

Von Hoffnung und Wünschen

Es ist Weihnachten,
wenn alle bereit sind für das Fest.
Weihnachten heißt: Mit Hoffnung leben.
Wenn sich die Menschen
die Hände zur Versöhnung reichen,
wenn der Fremde aufgenommen wird,
wenn einer dem anderen hilft,
das Böse zu meiden und das Gute zu tun,
dann ist Weihnachten.

(Weihnachtslied aus Haiti)


Vier Kerzen im Advent
Eine Weihnachtslegende

Vier Kerzen brannten am Adventskranz. Es war ganz still. So still, dass man hörte, wie die Kerzen zu reden begannen.

Die erste Kerze seufzte und sagte:
Ich heiße Frieden. Mein Licht leuchtet, aber die Menschen halten keinen Frieden, sie wollen mich nicht."
Ihr Licht wurde immer kleiner und verlosch schließlich ganz.

Die zweite Kerze flackerte und sagte:
Ich heiße Glauben. Aber ich bin überflüssig. Die Menschen wollen von Gott nichts wissen. Es hat keinen Sinnmehr, dass ich brenne."
Ein Luftzug wehte durch den Raum und die zweite Kerze war aus.

Leise und sehr traurig meldete sich nun die dritte Kerze zu Wort.
"Ich heiße Liebe. Ich habe keine Kraft mehr zu brennen. Die Menschen stellen mich an die Seite. Sie sehen nur sich selbst und nicht die anderen, die sie lieb haben sollen.
Und mit einem letzten Aufflackern war auch dieses Licht ausgelöscht.

Da kam ein Kind in das Zimmer. Es schaute die Kerzen an und sagte: "Aber, aber, ihr sollt doch brennen und nicht aus sein!" Und es fing an zu weinen.

Doch da meldete sich auch die vierte Kerze zu Wort. Sie sagte:
"Hab keine Angst, den ich heiße Hoffnung. So lange ich brenne, können wir auch die anderen Kerzen wieder anzünden!"

Voller Freude nahm das Kind von der Kerze "Hoffnung" und zündete die anderen Kerzen wieder an.


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#24

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 19.12.2010 16:37
von Eni (gelöscht)
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Danke, Caro,Liebes für diesen Adventskalender.....ich iebe ihn, du gibst dir sehr viel Mühe.

nach dem 24, aber, nach dem Finale, bin ich hier weg

ich mag net mehr......

Wir sehen uns eh im Messie, ich wollte mich nur mal für meinen immer heissgeliebten Kalender bedanken.


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LG Eni

Die grösste Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt. Seht sie Euch an!

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#25

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 19.12.2010 17:27
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

... wie war das mit der Kerze Hoffnung?
Dann hoffe ich mal, dass wir uns irgendwo im Leben nach dem Forum sehen Eni.
Und danke dir.


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#26

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 20.12.2010 00:37
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

20. Dezember

Weihnachten mit Kindern ist doch am schönsten, darüber sind sich die meisten einig. Erwachsene finden Weihnachten und überhaupt die Adventszeit eher nervig und stressig, darüber sind sich auch viele einig. Wenn man das prozentual umrechnet, bleiben immer noch etwa 10-15 % übrig, die sich in keine dieser Schubladen stecken lassen - beispielsweise wenn man Papa heißt, in den 90er Jahren lebt und sein eigenes Ding macht: Weihnachten, ob mit oder ohne Kinder, ist nervig und am schönsten, wenn es endlich vorbei ist.

Irgendwo, tief versteckt im Unterbewusstsein ist jedoch Eltern bekannt, dass man Kinder nicht erziehen kann - weil sie sowieso alles nachmachen. Ebenso wie die Tatsache, dass sich Jungs irgendwann immer öfter nach ihrem männlichen Vorbild richten, beispielsweise den Papa. In Familien ohne Papa kann das auch der Opa, der Onkel oder der Lehrer sein. Unser Großer war sowieso ein echtes Papa-Kind und was dabei herauskam, hat eines schönen Weihnachtstages nicht nur den Papa in Staunen versetzt.

Während einige unserer Bekannten sich schon relativ früh ihren Weihnachtsbaum kauften und mitunter schon um den zweiten, dritten Advent ins Wohnzimmer stellten, holten wir unseren traditionell um den 20./21. Dezember. Als unser Großer 6 Jahre alt war, wünschte er sich für sein Zimmer einen eigenen Weihnachtsbaum. Einen echten natürlich, den er auch selbst schmücken wollte und unter diesem Baum sollten auch seine Geschenke später liegen.

Papa war nun wie gesagt überhaupt kein Weihnachtsfan, er fand die ganze "Schmückerei" an den Fenstern oder "Gedönse auf dem Tisch" (= weihnachtliche Gestecke) und überhaupt alles weihnachtliche ziemlich unnütz. Da unsere Söhne aber so weihnachtsbegeistert war, ließ es gelten.
Zwei seiner Standardsätze, die ihm besonders häufig über die Lippen kamen lauteten: "Ist ja nur für die Kinder", und "wenn Heiligabend vorbei ist, dann ist Weihnachten gelaufen".

Wir machten also unserem kleinen Weihnachtsfan die Freude und kauften ihm einen schönen Tannenbaum. Unser Kleiner, hatte schon immer ein Herz für die Natur, Tiere und Pflanzen und war tieftraurig darüber, dass zu Weihnachten so viele Bäume abgeholzt wurden. Er bestand unbedingt darauf, einen Tannenbaum im Topf zu kaufen, den man später einpflanzen könnte.

Begeistert schmückte nun unser Großer am Heiligabend seinen Weihnachtsbaum, unterstützt von seinem kleinen Bruder, schnappte uns die besten Kugeln, die längste Lichterkette und sogar meine Weihnachtskrippe vor der Nase weg und verkündete: "Wozu brauchen Erwachsene sowas? Weihnachten ist doch nur für Kinder!" Wir bewunderten ausgiebig seinen schön geschmückten Baum, den er uns stolz präsentierte, zuerst ohne und nach der Bescherung mit Geschenken.

Früh am Morgen des 1. Weihnachtstages drangen seltsame Geräusche aus dem Kinderzimmer, so als würde jemand freiwillig aufräumen. Wenig später lag der gesamte Baumschmuck, den unser Großer sich am Tag vorher geholt hatte wieder eingepackt in den Kartons, die sich nun auf dem Wohnzimmertisch stapelten. Der Baum stand mit ein paar vergessenen Lamettafäden in den Zweigen auf dem Flur.

"Papaaaaa wohin damit?" trompetete unser Sohn durch die Wohnung.
"Mamaaaaaa wohin damit?" krähte der kleine Bruder fröhlich hinterher. "Kommta jetz' innen Garten? Ja?"
Wir trauten unseren Augen nicht.
"Warum hast du denn den Baum nicht so schön gelassen wie er war?" fragte ich meinen Filius, "du hast ihn dir doch so gewünscht."
Die ersten Tränen kullerten bereits. "Aber... Weihnachten ist doch jetzt vorbei... Papa hat gesagt, ... wenn... Heiligabend vorbei ist, dann ist Weihnachten gelaufen! ... und ich dachte immer, ... das geht noch ... bis nach Silvester, aaaber..."
Der Kleine nickte eifrig bei zu jedem Wort und ließ aus Kameradschaft auch eine Flut von Tränen strömen. Und das konnte er ordentlich.
"So habe ich das doch gar nicht gemeint..." sagte Papa ganz erschrocken und machte ein so komisches Gesicht, dass die Kinder nun doch wieder lachen mussten.
"Also kann ich ihn wieder aufstellen so wie er war?" fragte unser Großer ganz eifrig, schnappte sich wiederum seinen Baum ohne die Antwort abzuwarten und begann ihn ein zweites Mal zu schmücken. Auch der Kleine hatte längst alles vergessen, schrie laut: "Ich helfeeeeeee!!!" und rannte mit dem Lametta hinterher, wobei er eine Spur von Silberfäden hinter sich herzog.

Auch heute sind unsere Jungs noch richtige kleine/groß gewordene Weihnachtsfans und sogar Papa hat seine Meinung vor Jahren geändert und freut sich nun selbst wie ein Kind auf den ersten Advent, die vielen Lichter und natürlich einen schönen Weihnachtsbaum, der dann bitteschön nicht vor der zweiten Januarwoche verschwinden darf. Schließlich ist Weihnachten das Fest der Familie. Wer nun meint, dass die Adventszeit stressig ist - der macht sich den Stress höchstens selber. Aber nicht wenn man Papa heißt und im 21. Jahrhundert lebt. Da gehört man zu den anderen 10 - 15 %: Weihnachten - ob mit oder ohne Kinder ist was schönes und kann alle Jahre wieder kommen.


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#27

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 21.12.2010 00:37
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

21. Dezember


Kalá Christoúgenna

Zum Andenken an ein paar liebe Freunde, die ich hier in Deutschland kennen lernen durfte - und die das Heimweh einer nach dem anderen wieder zurück in die Heimat getrieben hat. In Gedanken bei Kosta, Wassiliki, Nikki, "Andras" (der natürlich ganz anders heißt, aber das ist eine andere Geschichte) und ihre Familien in Athen, Piräus und auf Samos.

In Griechenland ziehen am Heiligabend die Kinder traditionell mit Trommeln und Glockengeläut durch die Straßen und singen die Kalanda, Lieder, die ihnen Glück bringen sollen. Dafür bekommen sie von den Leuten kleine Geschenke. Der folgende Tag gilt allgemein als Besuchstag in den Familien. Zum Kaffee werden traditionell Kurabiedes und Melomakrona gereicht.

Was uns der Weihnachtsbaum, sind hier den Küsten- und Inselbewohnern die Schiffe.
Früher wurden als Weihnachtsdekoration kleine Schiffe gebastelt und mit Weihnachtsbeleuchtung versehen. Dieser Brauch stammt noch aus der Zeit, als viele noch von der Fischerei lebten und in dieser Zeit auch auf See waren. Eine Zeitlang geriet diese schöne Weihnachtstradition in Vergessenheit, weil sich auch hier die Tannenbäume immer mehr durchsetzten, die eigentlich eher in Nordeuropa üblich sind. Alternativ wird hier auch der Zypressenbaum als Weihnachtsbaum genommen. Auf den Inseln und in Küstennähe gibt es die Schiffchen heute noch.

Zum Schutz vor den "Kalikanzari", (Kobolden, s.u.) werden bis zum 6. Januar durchgehend Weihnachtsfeuer entzündet. Die eigentliche Bescherung durch den "Heiligen Vassilius" für die Kinder gibt es in der Nacht zum 1. Januar. Für diesen Tag backt die Familie einen Kuchen, in dem eine Goldmünze versteckt ist. Wer dieses Goldstück in seinem Kuchenstück findet, dem soll ein glückliches und erfolgreiches Jahr beschert sein.
Was zu Weihnachten auch nirgends fehlen darf, ist der „christopsomo“ (das Christusbrot), das ähnlich gebacken wird, wie der bei uns bekannte Osterzopf.


Hier noch für euch die Geschichte von den Kalikantzari, den kleinen Kobolden:

Kalikantzari

Die Kalikantzari sind kleine, böse Kobolde, die das ganze Jahr über am Baum der Welt sägen, um die Welt zum Fall zu bringen, denn sie können die Menschen nicht leiden. Kurz vor Weihnachten sind sie fast fertig, doch werden sie von den Feierlichkeiten angelockt und kommen neugierig an die Oberfläche um zu sehen was hier gefeiert wird.
Das die Menschen so fröhlich und ausgelassen sind, stört die Kalikanzari so sehr das sie mit vielen kleinen Streichen versuchen diese Freude zu trüben. Sie löschen das Feuer im Backofen, verstecken Gewürze, klauen den Kindern die Süßigkeiten und noch vieles mehr.
Diese Streiche spielen sie den Menschen bis zur Wasserweihe am 6. Januar. Sind die Feierlichkeiten dann vorüber und die Menschen widmen sich wieder ihrem Alltag, kehren die Kalikantzari zurück zum Baum der Welt um ihr böses Werk zu vollenden.
Doch der Baum hat sich in der Zwischenzeit wieder regeneriert, so dass die kleinen Kalikantzari wieder ganz von vorne anfangen müssen. So geht das Jahr für Jahr und wird sich alle Jahre wiederholen, solange die Menschen Weihnachten feiern.


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#28

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 22.12.2010 00:23
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

22. Dezember


Heute mal etwas zum Nachdenken:

Wer kennt nicht dieses Lied?

Morgen, Kinder, wirds was geben
morgen werden wir uns freun!
Welch ein Jubel, welch ein Leben
wird in unsrem Hause sein!
Einmal werden wir noch wach,
heißa, dann ist Weihnachtstag!


Aber wer denkt schon daran, dass es in vielen Häusern anders aussieht? Allein in Deutschland leben mehr als 2 Millionen Kinder unter der Armutsgrenze. Wenn überhaupt - dann gibt es höchstens einen Tannenbaum, vielleicht auch etwas schönes zu Essen, so in der Art, wie es andere jede Woche haben. Oder auch nur der Blick hinüber in den Garten des Nachbarn, der seine Tanne vor dem Haus mit einer Lichterkette geschmückt hat. Vielleicht gibt es von Mutter Natur noch ein bißchen Schnee dazu. Ihnen bleibt meist nur dies Lied von Erich Kästner übrig:


Morgen, Kinder, wird's nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte Euch das Leben.
Das genügt, wenn man's bedenkt.
Einmal kommt auch Eure Zeit.
Morgen ist's noch nicht so weit.

Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bißchen durch die Straßen!
Dort gibt's Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
Macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.

Tannengrün mit Osrambirnen -
Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
Denn im Ofen fehlt's an Holz!
Stille Nacht und heil'ge Nacht -
Weint, wenn's geht, nicht! Sondern lacht!

Morgen, Kinder, wird's nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt für's Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit . . . .
Ach, du liebe Weihnachtszeit!

hier noch was zum nach-(denken/-lesen/oder -machen?)
http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/2048/artid/9591594


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#29

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 23.12.2010 00:42
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

23. Dezember

Weihnacht bei den Tieren
von Hans Friedrich Blunck

So alt war Vater Krohn, dass er sich auf sein Gehör nicht mehr verlassen konnte, das ihm doch bislang gut gedient hatte. Immer glaubte er, es kämen Schritte - er wartete ja, dass sein Sohn von drüben ihm zur Weihnachtsfeier holte, aber er wartete schon lange, man hatte ihn wohl vergessen.
Als der Altenteiler da nun trübselig saß, überlegte und halblaut seine Gedanken vor sich hin sprach, stand auf einmal der kleine Busemann Puk vor ihm. Das ist der Knirps aus dem Stall, den man nur zu hohen Festen sieht. Kindsgroß schien er und hatte eine neue rote Mütze auf dem Kopf.
" Kommst mit, Vater Krohn?"
"Wie soll ich mit die gehen", knurrte der Alte, "meine Kinder werden mich gleich holen!"
Der Zwerg murrte und war nicht mehr zu sehen.
nach einer Weile kam Busemann wieder.
"Willst jetzt mit, Vater Krohn, das Essen ist bald gar!"
"Schönen Dank, Busemann, aber sie zünden drüben wohl noch die Lichter an."
Als wieder eine Stunde vergangen war, zeigte sich der Kleine zum dritten Mal. "Die drüben sind schon mitten im Feiern, kommst jetzt mit mir?"
Da nickte der Bauer trübsinnig; Busemann kletterte blitzschnell auf den Stuhl und zog ihm seine gestrickte Mütze über den Kopf. Was glaubt ihr? Im Augenblick, wo der Mützenrand die Brauen berührte, saß der Alte, hui, durch Wand und Tür hindurch, bei den Tieren im Stall. Die Ohren sausten ein wenig, sonst war nicht viel besonderes dabei.
Am Weihnachtsabend war Vater Krohn nie lange im Stall gewesen, er sah jetzt ein dass man zu allen Lebzeiten noch dazulernen muss. Wie gemütlich hatte dieser Busemann es sich doch eingerichtet! Nahe der Laterne die über den Kuhköpfen hinflimmerte und noch die Pferde beschien, hatte er ein Laken über eine alte Haferkiste gehängt. Fein und wunderlich war das Muster, es musste jemand an die hundert Jahre daran gewebt haben. Und eine Milchkruke stand darauf, zwei Messer und zwei Teller. Krohn rieb sich die Augen, das hatte er nicht für möglich gehalten!
War aber noch längst nicht genug! Busemann kroch wie durch ein Mauseloch fort und kehrte nach einer Weile mit einer brutzelnden Pfanne Bratkartoffeln wieder. Und als der Duft davon durch den Stall zog, ruschelte der Igel aus dem Stroh, wünschte fröhliches Fest und hielt den Hut hin, um sich etwas Abendessen zu leihen. Und die Ringelnatter, die bei den Kühen wohnt, so lange man denken kann, nahte mit einem Kragen von kleinen Glocken um den Hals und mit einem Krüglein für die Weihnachtsmilch. Als die beiden aber den Altenteilsbauern sahen, vergaßen sie warum sie gekommen waren. Der Igel machte einen höflichen Kratzfuß, holte eine Pfeife aus der Tasche und fragte, ob einer der Herren eins mit ihm rauche. Und die Schlange hob und drehte sich. Wäre der alte Krohn nicht so taub gewesen, hätter er sicher gemerkt, dass die kleinen Glocken in ihrer Halskette wie ein Weihnachtslied klangen.
Dann , als sie schon zusammenrücken wollten, schlug es draußen vom Kirchturm Mitternacht. Mit dem zwölften Schlag klirrte und polterte es, allen Tieren fielen die Ketten ab. Ja, mehr noch, sie begannen sich wie die Menschen über allerhand Dinge zu unterhalten. Von Koben und Raufen kamen sie, stellten sich, so gut es ging, zum Tisch und erkundigten sich nach des lieben Gastes Gesundheit. Die Stute sagte ihm sogar ein altes Hausmittel gegen Gicht, und jeder fügte einen Wunsch für Weihnachten hinzu. Aber die Tiere waren auch höflich, keines von ihnen fragte, warum der greise Bauer das Fest gerade hier im Stall feierte.
So wurde es wirklich eine schöne, gemütliche Stunde; der Igel legte etwas Tabak auf das Tischtuch, er hatte genug für jedermann, und der heisere Wachhund, der drüben bei den Menschen weggejagt war und humpelnd zum Tor hereinkam, wusste eine ellenlange traurige Liebesgeschichte, der alle kopfschüttelnd zuhörten. Sogar die fünf großen Balken über dem Stall fanden in dieser Stunde die Sprache und redeten ernst und weise von der Zeit, wo Bauer Krohn jung gewesen war. Sie kannten jede Kuh beim Namen, die er einst gehabt hatte.
Sonderbar, sann der Alte, da muss man von seinen Kindern vergessen werden, um zu erfahren , wer alles an einen denkt.
Ob er sich nicht auch eine Pfeife anstecken wolle, fragte der Igel wieder und reichte den Tabaksbeutel herauf. Gewiss sagte Krohn, er hätte wohl Lust darauf.
Während er sich noch verwunderte, wo er eigentlich hauste und wie alles möglich war, begann eine sanfte Musik vom Stallende. Die Leute standen auf und riefen, der Ommegang, das ist der feierliche Umzug, aus dem Garten sei da. Dann traten auch schon mit Lichtern durch ein Tor sieben Unterirdische ein, hinter ihnen das Brunnenfräulein, danach drei dicke Apfelknechte und neun Hollerfrauen. Die Weibsen hatten Schnee an den Füssen, schüttelten sich, tanzten doch gleich wieder und trieben mit den Tieren ihren Schabernack. Der arme Hund wurde umgeworfen, weil er zu sauertöpfisch dreinschaute, und Busemann klopften sie auf die dürren Schenkel und wünschten ihm auf seine alten Tage, dass er noch etwas wüchse.
Wirklich kam der halbe Garten mit Singen und Klingen und Tanzen bei den kleinen im Stall zu Besuch. Immer mehr Leute fanden sich ein; die Kühe warfen die Köpfe, als könnte ihre Art Reigen lernen, und auch die Schweine grunzten und standen auf den Hinterbeinen.
Dann, auf einmal, geriet alles ins Laufen, hin und her, husch, husch, husch und auf und davon. Die Lichter und winzigen Laternen waren wie fortgeblasen, nur die Brunnendirn, die im Ommegang die größte gewesen war, hatte Mühe durchs Tor hinauszufahren. Sogar die Tiere trappelten und trabten wieder an ihre Plätze, steckten die Köpfe ins Geschirr und taten, als wenn sie von nichts wüssten.
Die Tür ging auf, der junge Bauer leuchtete in den Stall.
"Mein Gott, wie bist du hier her gekommen, Vater?" fragte er , "wir suchen dich überall!"
Der Altenteiler wollte erst böse antworten, dann blickte er traurig in die Ecke, wo der bunte Ommegang verschwunden war. "Lass mich heute abend hier."
"Willst du nicht zu uns kommen ,Vater?" bat der Junge. Er sah ein feines Tischtuch über die Krippe gedeckt, wunderte sich und hatte ein schlechtes Gewissen.
Der andere winkte ihm. "Geh nur, ich habe noch was zu bereden. Da ist ein alter Freund zu Besuch", sagte er, "der wird gleich wieder da sein!"


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#30

RE: Advent, Advent ein Lichtlein brennt...

in Adventsforum 24.12.2010 00:25
von Carola • Zwischen den Welten | 1.806 Beiträge | 1862 Punkte

Heiligabend


Ich habe wieder Post bekommen, diesmal wurde sie von einem Weihnachtsengel eeinfach ins Fenster gehängt, genau zwischen zwei wunderschönen Eisblumen, die über Nacht wie von allein gewachsen sind. Ich brauche wohl nicht zu verraten, von wem der ist? *zwinker
Richtig - ein riesiger Briefumschlag mit einem Eiskristallbrief. Schauen wir doch mal, was unser zerstreuter und gestresster Weihnachtsmann heute zu erzählen hat:

So, so. Ihr seid also schon ganz gespannt auf heute Abend, weil ich dann zu euch kommen soll?. Na dann kann Weihnachten ja beginnen.
Leider habe ich nicht viel Zeit zum Feiern wie ihr, schließlich muss ich heute Abend noch vieeeele Länder bereisen, in der Nacht sogar zeitgleich als Father Christmas nach England und als Santa Claus die Menschen in Amerika beschenken. In England und Schottland muss ich unzählige Strümpfe am Kamin füllen und manchmal frage ich mich, ob heutzutage niemand mehr gelernt hat Strümpfe zu stopfen? Da kann ich einfüllen wie ich will, es wird einfach nicht mehr im Strumpf.

Ihr wundert euch, wie ich das überhaupt alles in der selben Zeit schaffe? Nun ja.... wenn ich sowieso in England bin... - Klingelt es jetzt beim einen oder anderen? London? Gleis 9 3/4? Da war doch was?
Na dann kennt ihr doch alle den "Tropfenden Kessel". Dort habe ich alljährlich ein Date mit Hermine. Ja genau die: die Hermine Granger. Sie leiht sich über die Weihnachtszeit in Hogwarts immer den Zeitumkehrer aus und gibt ihn an mich weiter. Ich weiß auch schon, wem ich den heute mal mitbringe. Die betreffende Person kann ihn sicher gut gebrauchen. Aber psssst! Man muss ja wirklich nicht alles an die große Glocke hängen, oder? Außerdem ist es viel spannender, wenn sich alle angesprochen fühlen, ho ho ho!

So, nun kennt ihr mein Geheimnis mit der Zeit. Aber nur das aller-aller kleinste. Und das ist auch das aller-aller letzte, was ich euch verraten werde. Lasst euch lieber überraschen, was der gute alte Weihnachtsmann so alles in petto hat, so wie ihr euch auch alle Jahre wieder am Heiligabend von mir überraschen lasst.
Manchmal sollte man Geheimnisse auch einfach Geheimnisse sein lassen. Auf diesem Wege ein herzliches Danke an Hermine. Dein Stundenglas ist Gold wert. Vielleicht schenkt mir Dumbledore irgendwann mal eins zu Weihnachten? Gleich mal auf meinem Weihnachtswunschzettel vermerken.

Aber trotz allem muss ich mich jetzt ganz schön ranhalten, ich muss das Gerät auch wieder rechtzeitig an Dumbledore zurückschicken und der Hogwarts-Express wartet nicht mal auf den Weihnachtsmann...
Festhalten! Und los gehts!

Geschwind!
Renn, Renner!
Tanz, Tänzer!
Flieg, fliegende Hitz'!
Hui, Sternschnupp'!
Hui, Liebling!
Hui, Donner und Blitz!

Fröhliche Weihnachten und allen Gute Nacht!!






Und weil heute Heiligabend ist und ihr alle brav wart, gibt es noch ein schönes Weihnachtsmärchen für euch:


Der Tannenbaum
von Hans Christian Andersen

Draußen im Walde stand ein niedlicher, kleiner Tannenbaum; er hatte einen guten Platz, Sonne konnte er bekommen, Luft war genug da, und ringsumher wuchsen viel größere Kameraden, sowohl Tannen als Fichten.
Aber dem kleinen Tannenbaum schien nichts so wichtig wie das Wachsen; er achtete nicht der warmen Sonne und der frischen Luft, er kümmerte sich nicht um die Bauernkinder, die da gingen und plauderten, wenn sie herausgekommen waren, um Erdbeeren und Himbeeren zu sammeln. Oft kamen sie mit einem ganzen Topf voll oder hatten Erdbeeren auf einen Strohhalm gezogen, dann setzten sie sich neben den kleinen Tannenbaum und sagten: "Wie niedlich klein ist der!" Das mochte der Baum gar nicht hören.
Im folgenden Jahre war er ein langes Glied größer, und das Jahr darauf war er um noch eins länger, denn bei den Tannenbäumen kann man immer an den vielen Gliedern, die sie haben, sehen, wie viele Jahre sie gewachsen sind. "Oh, wäre ich doch so ein großer Baum wie die andern!" seufzte das kleine Bäumchen. "Dann könnte ich meine Zweige so weit umher ausbreiten und mit der Krone in die Welt hinausblicken! Die Vögel würden dann Nester zwischen meinen Zweigen bauen, und wenn der Wind weht, könnte ich so vornehm nicken, gerade wie die andern dort!"
Er hatte gar keine Freude am Sonnenschein, an den Vögeln und den roten Wolken, die morgens und abends über ihn hinsegelten. War es nun Winter und der Schnee lag ringsumher funkelnd weiß, so kam häufig ein Hase angesprungen und setzte gerade über den kleinen Baum weg. Oh, das war ärgerlich! Aber zwei Winter vergingen, und im dritten war das Bäumchen so groß, daß der Hase um es herumlaufen mußte. "Oh, wachsen, wachsen, groß und alt werden, das ist doch das einzige Schöne in dieser Welt!" dachte der Baum.
Im Herbst kamen immer Holzhauer und fällten einige der größten Bäume; das geschah jedes Jahr, und dem jungen Tannenbaum, der nun ganz gut gewachsen war, schauderte dabei; denn die großen, prächtigen Bäume fielen mit Knacken und Krachen zur Erde, die Zweige wurden abgehauen, die Bäume sahen ganz nackt, lang und schmal aus; sie waren fast nicht zu erkennen. Aber dann wurden sie auf Wagen gelegt, und Pferde zogen sie davon, aus dem Walde hinaus. Wohin sollten sie? Was stand ihnen bevor?
Im Frühjahr, als die Schwalben und Störche kamen, fragte sie der Baum: "Wißt ihr nicht, wohin sie geführt wurden? Seid ihr ihnen begegnet?" Die Schwalben wußten nichts, aber der Storch sah nachdenkend aus, nickte mit dem Kopfe und sagte: "Ja, ich glaube wohl; mir begegneten viele neue Schiffe, als ich aus Ägypten flog; auf den Schiffen waren prächtige Mastbäume; ich darf annehmen, daß sie es waren, sie hatten Tannengeruch; ich kann vielmals von ihnen grüßen, sie sind schön und stolz!"
"Oh, wäre ich doch auch groß genug, um über das Meer hinfahren zu können! Was ist das eigentlich, dieses Meer, und wie sieht es aus?" "Ja, das ist viel zu weitläufig zu erklären!" sagte der Storch, und damit ging er. "Freue dich deiner Jugend!" sagten die Sonnenstrahlen; "freue dich deines frischen Wachstums, des jungen Lebens, das in dir ist!" Und der Wind küßte den Baum, und der Tau weinte Tränen über ihn, aber das verstand der Tannenbaum nicht.
Wenn es gegen die Weihnachtszeit war, wurden ganz junge Bäume gefällt, Bäume, die oft nicht einmal so groß oder gleichen Alters mit diesem Tannenbäume waren, der weder Rast noch Ruhe hatte, sondern immer davon wollte; diese jungen Bäume, und es waren gerade die allerschönsten, behielten immer alle ihre Zweige; sie wurden auf Wagen gelegt, und Pferde zogen sie zum Walde hinaus. "Wohin sollen diese?" fragte der Tannenbaum. "Sie sind nicht größer als ich, einer ist sogar viel kleiner; weswegen behalten sie alle ihre Zweige? Wohin fahren sie?"
"Das wissen wir! Das wissen wir!" zwitscherten die Meisen. "Unten in der Stadt haben wir in die Fenster gesehen! Wir wissen, wohin sie fahren! Oh, sie gelangen zur größten Pracht und Herrlichkeit, die man sich denken kann! Wir haben in die Fenster gesehen und erblickt, daß sie mitten in der warmen Stube aufgepflanzt und mit den schönsten Sachen, vergoldeten Äpfeln, Honigkuchen, Spielzeug, und vielen hundert Lichtern geschmückt werden."
"Und dann?" fragte der Tannenbaum und bebte in allen Zweigen. "Und dann? Was geschieht dann?" "Ja, mehr haben wir nicht gesehen! Das war unvergleichlich schön!" "Ob ich wohl bestimmt bin, diesen strahlenden Weg zu betreten?" jubelte der Tannenbaum. Das ist noch besser als über das Meer zu ziehen! Wie leide ich an Sehnsucht! Wäre es doch Weihnachten! Nun bin ich hoch und entfaltet wie die andern, die im vorigen Jahre davongeführt wurden! Oh, wäre ich erst auf dem Wagen, wäre ich doch in der warmen Stube mit all der Pracht und Herrlichkeit!
Und dann? ja, dann kommt noch etwas Besseres, noch Schöneres, warum würden sie mich sonst so schmücken? Es muß noch etwas Größeres, Herrlicheres kommen! Aber was? Oh, ich leide, ich sehne mich, ich weiß selbst nicht, wie mir ist!"
"Freue dich unser!" sagten die Luft und das Sonnenlicht; "freue dich deiner frischen Jugend im Freien!" Aber er freute sich durchaus nicht; er wuchs und wuchs, Winter und Sommer stand er grün; dunkelgrün stand er da, die Leute, die ihn sahen, sagten: "Das ist ein schöner Baum!" und zur Weihnachtszeit wurde er von allen zuerst gefällt. Die Axt hieb tief durch das Mark; der Baum fiel mit einem Seufzer zu Boden, er fühlte einen Schmerz, eine Ohnmacht, er konnte gar nicht an irgendein Glück denken, er war betrübt, von der Heimat scheiden zu müssen, von dem Flecke, auf dem er emporgeschossen war; er wußte ja, daß er die lieben, alten Kameraden, die kleinen Büsche und Blumen ringsumher nie mehr sehen werde, ja vielleicht nicht einmal die Vögel.
Die Abreise hatte durchaus nichts Behagliches. Der Baum kam erst wieder zu sich selbst, als er im Hofe mit andern Bäumen abgeladen wurde und einen Mann sagen hörte: "Dieser hier ist prächtig! Wir wollen nur den!" Nun kamen zwei Diener im vollen Staat und trugen den Tannenbaum in einen großen, schönen Saal. Ringsherum an den Wänden hingen Bilder, und bei dem großen Kachelofen standen große chinesische Vasen mit Löwen auf den Deckeln; da waren Wiegestühle, seidene Sofas, große Tische voll von Bilderbüchern und Spielzeug für hundertmal hundert Taler; wenigstens sagten das die Kinder. Der Tannenbaum wurde in ein großes, mit Sand gefälltes Faß gestellt, aber niemand konnte sehen, daß es ein Faß war, denn es wurde rundherum mit grünem Zeug behängt und stand auf einem großen, bunten Teppich. oh, wie der Baum bebte! Was würde da wohl vorgehen?
Sowohl die Diener als die Fräulein schmückten ihn. An einen Zweig hängten sie kleine, aus farbigem Papier ausgeschnittene Netze, und jedes Netz war mit Zuckerwerk gefüllt. Vergoldete Apfel und Walnüsse hingen herab, als wären sie festgewachsen, und über hundert rote, blaue und weiße kleine Lichter wurden in den Zweigen festgesteckt. Puppen, die leibhaft wie die Menschen aussahen - der Baum hatte früher nie solche gesehen -, schwebten im Grünen, und hoch oben in der Spitze wurde ein Stern von Flittergold befestigt. Das war prächtig, ganz außerordentlich prächtig! "Heute abend", sagten alle, "heute abend wird er strahlen!" und sie waren außer sich vor Freude. "Oh" dachte der Baum, "wäre es doch Abend! Würden nur die Lichter bald angezündet! Und was dann wohl geschieht? Ob da wohl Bäume aus dem Walde kommen, mich zu sehen? Ob die Meisen gegen die Fensterscheiben fliegen? Ob ich hier festwachse und Winter und Sommer geschmückt stehen werde?" Ja, er wußte gut Bescheid; aber er hatte ordentlich Borkenschmerzen vor lauter Sehnsucht, und Borkenschmerzen sind für einen Baum ebenso schlimm wie Kopfschmerzen für uns andere.
Nun wurden die Lichter angezündet. Welcher Glanz, welche Pracht! Der Baum bebte in allen Zweigen dabei, so daß eins der Lichter das Grüne anbrannte; es sengte ordentlich. "Gott bewahre uns!" schrien die Fräulein und löschten es hastig aus. Nun durfte der Baum nicht einmal beben. Oh, das war ein Grauen! Ihm war bange, etwas von seinem Staate zu verlieren; er war ganz betäubt von all dem Glanze. Da gingen beide Flügeltüren auf, und eine Menge Kinder stürzte herein, als wollten sie den ganzen Baum umwerfen, die älteren Leute kamen bedächtig nach; die Kleinen standen ganz stumm, aber nur einen Augenblick, dann jubelten sie wieder, daß es laut schallte; sie tanzten um den Baum herum, und ein Geschenk nach dem andern wurde abgepflückt und verteilt. "Was machen sie?" dachte der Baum. Was soll geschehen?"
Die Lichter brannten gerade bis auf die Zweige herunter, und je nachdem sie niederbrannten, wurden sie ausgelöscht, und dann erhielten die Kinder die Erlaubnis, den Baum zu plündern. Sie stürzten auf ihn zu, daß es in allen Zweigen knackte; wäre er nicht mit der Spitze und mit dem Goldstern an der Decke festgemacht gewesen, so wäre er umgefallen. Die Kinder tanzten mit ihrem prächtigen Spielzeug herum, niemand sah nach dem Baume, ausgenommen das alte Kindermädchen, das zwischen die Zweige blickte; aber es geschah nur, um zu sehen, ob nicht noch eine Feige oder ein Apfel vergessen sei.
"Eine Geschichte, eine Geschichte!" riefen die Kinder und zogen einen kleinen, dicken Mann gegen den Baum hin, und er setzte sich gerade unter ihn, "denn so sind wir im Grünen", sagte er, "und der Baum kann besonders Nutzen davon haben, zuzuhören! Aber ich erzähle nur eine Geschichte. Wollt ihr die von Ivede- Avede oder die von Klumpe-Dumpe hören, der die Treppen hinunterfiel und doch erhöht wurde und die Prinzessin bekam?" "lvede-Avede!" schrien einige, "Klumpe-Dumpe!" schrien andere. Das war ein Rufen! Nur der Tannenbaum schwieg ganz still und dachte: Komme ich gar nicht mit, werde ich nichts dabei zu tun haben?" Er hatte ja geleistet, was er sollte. Der Mann erzählte von Klumpe-Dumpe, der die Treppen hinunterfiel und doch erhöht wurde und die Prinzessin bekam. Und die Kinder klatschten in die Hände und riefen: "Erzähle, erzähle!" Sie wollten auch die Geschichte von Ivede-Avede hören, aber sie bekamen nur die von Klumpe-Dumpe. Der Tannenbaum stand ganz stumm und gedankenvoll, nie hatten die Vögel im Walde dergleichen erzählt.
Klumpe-Dumpe fiel die Treppen hinunter und bekam doch die Prinzessin! Ja, ja, so geht es in der Welt zu!" dachte der Tannenbaum und glaubte, daß es wahr sei, weil ein so netter Mann es erzählt hatte. "Ja, ja! Vielleicht falle ich auch die Treppe hinunter und bekomme eine Prinzessin!" Und er freute sich, den nächsten Tag wieder mit Lichtern und Spielzeug, Gold und Früchten und dem Stern von Flittergold aufgeputzt zu werden. "Morgen werde ich nicht zittern!" dachte er. ich will mich recht aller meiner Herrlichkeit freuen. Morgen werde ich wieder die Geschichte von Klumpe-Dumpe und vielleicht auch die von Ivede-Avede hören." Und der Baum stand die ganze Nacht still und gedankenvoll.
Am Morgen kamen die Diener und das Mädchen herein. "Nun beginnt der Staat aufs neue!" dachte der Baum; aber sie schleppten ihn zum Zimmer hinaus, die Treppe hinauf, auf den Boden und stellten ihn in einen dunklen Winkel, wohin kein Tageslicht schien. "Was soll das bedeuten?" dachte der Baum. "Was soll ich hier wohl machen? Was mag ich hier wohl hören sollen?" Er lehnte sich gegen die Mauer und dachte und dachte. Und er hatte Zeit genug, denn es vergingen Tage und Nächte; niemand kam herauf, und als endlich jemand kam, so geschah es, um einige große Kasten in den Winkel zu stellen; der Baum stand ganz versteckt, man mußte glauben, daß er ganz vergessen war.
"Nun ist es Winter draußen!" dachte der Baum. Die Erde ist hart und mit Schnee bedeckt, die Menschen können mich nicht pflanzen; deshalb soll ich wohl bis zum Frühjahr hier im Schutz stehen! Wie wohlbedacht ist das! Wie die Menschen doch so gut sind! Wäre es hier nur nicht so dunkel und schrecklich einsam! Nicht einmal ein kleiner Hase! Das war doch niedlich da draußen im Walde, wenn der Schnee lag und der Hase vorbeisprang, ja selbst als er über mich hinwegsprang; aber damals mochte ich es nicht leiden. Hier oben ist es doch schrecklich einsam!"
"Piep, piep!" sagte da eine kleine Maus und huschte hervor; und dann kam noch eine kleine. Sie beschnüffelten den Tannenbaum, und dann schlüpften sie zwischen seine Zweige. "Es ist eine greuliche Kälte!" sagten die kleinen Mäuse. "Sonst ist hier gut sein; nicht wahr, du alter Tannenbaum?" "Ich bin gar nicht alt!" sagte der Tannenbaum; "es gibt viele, die weit älter sind denn ich!" "Woher kommst du?" fragten die Mäuse, "und was weißt du?" Sie waren gewaltig neugierig. "Erzähle uns doch von den schönsten Orten auf Erden! Bist du dort gewesen? Bist du in der Speisekammer gewesen, wo Käse auf den Brettern liegen und Schinken unter der Decke hängen, wo man auf Talglicht tanzt, mager hineingeht und fett herauskommt?"
"Das kenne ich nicht", sagte der Baum; "aber den Wald kenne ich, wo die Sonne scheint und die Vögel singen!" Und dann erzählte er alles aus seiner Jugend. Die kleinen Mäuse hatten früher nie dergleichen gehört, sie horchten auf und sagten: "Wieviel du gesehen hast! Wie glücklich du gewesen bist!"
"Ich?" sagte der Tannenbaum und dachte über das, was er selbst erzählte, nach. "Ja, es waren im Grunde ganz fröhliche Zeiten!" Aber dann erzählte er vom Weihnachtsabend, wo er mit Zuckerwerk und Lichtern geschmückt war. "Oh", sagten die kleinen Mäuse, "wie glücklich du gewesen bist, du alter Tannenbaum!" "Ich bin gar nicht alt!" sagte der Baum; "erst in diesem Winter bin ich aus dem Walde gekommen! Ich bin in meinem allerbesten Alter, ich bin nur so aufgeschossen." "Wie schön du erzählst!" sagten die kleinen Mäuse, und in der nächsten Nacht kamen sie mit vier anderen kleinen Mäusen, die den Baum erzählen hören sollten, und je mehr er erzählte, desto deutlicher erinnerte er sich selbst an alles und dachte: Es waren doch ganz fröhliche Zeiten! Aber sie können wiederkommen, können wiederkommen! Klumpe-Dumpe fiel die Treppe hinunter und bekam doch die Prinzessin; vielleicht kann ich auch eine Prinzessin bekommen." Und dann dachte der Tannenbaum an eine kleine, niedliche Birke, die draußen im Walde wuchs; das war für den Tannenbaum eine wirkliche, schöne Prinzessin. "Wer ist Klumpe-Dumpe?" fragten die kleinen Mäuse. Da erzählte der Tannenbaum das ganze Märchen, er konnte sich jedes einzelnen Wortes entsinnen; die kleinen Mäuse sprangen aus reiner Freude bis an die Spitze des Baumes. In der folgenden Nacht kamen weit mehr Mäuse und am Sonntage sogar zwei Ratten, aber die meinten, die Geschichte sei nicht hübsch, und das betrübte die kleinen Mäuse, denn nun hielten sie auch weniger davon.
"Wissen Sie nur die eine Geschichte?" fragten die Ratten. "Nur die eine", antwortete der Baum; "die hörte ich an meinem glücklichsten Abend, aber damals dachte ich nicht daran, wie glücklich ich war." "Das ist eine höchst jämmerliche Geschichte! Kennen Sie keine von Speck und Talglicht? Keine Speisekammergeschichte?"
"Nein!" sagte der Baum." "Ja, dann danken wir dafür!" erwiderten die Ratten und gingen zu den Ihrigen zurück. Die kleinen Mäuse blieben zuletzt auch weg, und da seufzte der Baum: "Es war doch ganz hübsch, als sie um mich herumsaßen, die beweglichen kleinen Mäuse, und zuhörten, wie ich erzählte! Nun ist auch das vorbei! Aber ich werde gerne daran denken, wenn ich wieder hervorgenommen werde."
Aber wann geschah das? Ja, es war eines Morgens, da kamen Leute und wirtschafteten auf dem Boden; die Kasten wurden weggesetzt, der Baum wurde hervorgezogen; sie warfen ihn freilich ziemlich hart gegen den Fußboden, aber ein Diener schleppte ihn gleich nach der Treppe hin, wo der Tag leuchtete. "Nun beginnt das Leben wieder!" dachte der Baum; er fühlte die frische Luft, die ersten Sonnenstrahlen, und nun war er draußen im Hofe. Alles ging geschwind, der Baum vergaß völlig, sich selbst zu betrachten, da war so vieles ringsumher zu sehen. Der Hof stieß an einen Garten, und alles blühte darin; die Rosen hingen frisch und duftend über das kleine Gitter hinaus, die Lindenbäume blühten, und die Schwalben flogen umher und sagten: "Quirrevirrevit, mein Mann ist kommen!" Aber es war nicht der Tannenbaum, den sie meinten. "Nun werde ich leben!" jubelte der und breitete seine Zweige weit aus; aber ach, die waren alle vertrocknet und gelb; und er lag da zwischen Unkraut und Nesseln. Der Stern von Goldpapier saß noch oben in der Spitze und glänzte im hellen Sonnenschein. Im Hofe selbst spielten ein paar der munteren Kinder, die zur Weihnachtszeit den Baum umtanzt hatten und so froh über ihn gewesen waren. Eins der kleinsten lief hin und riß den Goldstern ab.
"Sieh, was da noch an dem häßlichen, alten Tannenbaum sitzt!" sagte es und trat auf die Zweige, so daß sie unter seinen Stiefeln knackten. Der Baum sah auf all die Blumenpracht und Frische im Garten, er betrachtete sich selbst und wünschte, daß er in seinem dunklen Winkel auf dem Boden geblieben wäre; er gedachte seiner frischen Jugend im Walde, des lustigen Weihnachtsabends und der kleinen Mäuse, die so munter die Geschichte von Klumpe- Dumpe angehört hatten.
"Vorbei, vorbei!" sagte der arme Baum. "Hätte ich mich doch gefreut, als ich es noch konnte! Vorbei, vorbei!" Der Diener kam und hieb den Baum in kleine Stücke, ein ganzes Bund lag da; hell flackerte es auf unter dem großen Braukessel. Der Baum seufzte tief, und jeder Seufzer war einem kleinen Schusse gleich; deshalb liefen die Kinder, die da spielten, herbei und setzten sich vor das Feuer, blickten hinein und riefen: "Piff, paff!" Aber bei jedem Knalle, der ein tiefer Seufzer war, dachte der Baum an einen Sommerabend im Walde oder an eine Winternacht da draußen, wenn die Sterne funkelten; er dachte an den Weihnachtsabend und an Klumpe-Dumpe, das einzige Märchen, das er gehört hatte und zu erzählen wußte - und dann war der Baum verbrannt.
Die Knaben spielten im Garten, und der kleinste hatte den Goldstern auf der Brust, den der Baum an seinem glücklichsten Abend getragen hatte. Nun war der vorbei, und mit dem Baum war es vorbei und mit der Geschichte auch; vorbei, vorbei. Und so geht es mit allen Geschichten!



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